Vom Snowdown zum Showdown
Leider wenig beachtet verlief das Wintersnowdown 06 des choreografischen Zentrums (CCL) im Linzer Hafengelände. An fünf Abenden im Dezember wurde zeitgenössischer Tanz aus unterschiedlichen Blickwinkeln geboten. Als gemeinsame Linie im gemischten Programm bot sich für den/die BetrachterIn ein Themenkomplex von „Körpereinschreibungen“ an.
Akemi Takeya (J/A, Residency im CCL) legte in Feeler den Prozess der „Fernsteuerung von sich selbst“ offen, und begab sich auf eine existenzialistische Expedition, die sich aus dem Dualismus von Leere und Chaos, Stille und Lärm aufbaute. In einem äußeren Raum, den Takeya aus Licht und wenigen Utensilien organisierte, bedient sie sich ihres inneren unsichtbaren Energiekörpers, den „breath body“, um verkümmerten Wahrnehmungsfähigkeiten fühlend wie instinktiv, insektenfühlergleich nachzuspüren („Feeler“). Äußerst reduziert balanciert sie, spricht in kurzen, unspektakulären Momenten in ein Diktiergerät, schreibt ein paar Zeilen und setzt dann und wann kurze und prägnante Impulse von so etwas wie „tänzerischer Bewegung“. Das wirkte ein wenig so, als ob das sparsame Stück vor allem Dualismus wieder herstellen sollte, ein inneres Wahrnehmungsfeld wieder entdecken mochte, das gleichzeitig von Einsamkeit und zivilisatorischem Lärm zugemüllt, also davon völlig überschrieben dargestellt wurde. Auch so, als ob die Akteurin der Finsternis einer äußerlich ausgeleuchteten Welt ein wenig Aufklärung über mögliche innere Wahrnehmungswelten entgegensetzen wollte.
Der Wiener Tänzer und Choreograph Georg Blaschke beschäftigte sich mit Körperbaustellen der anderen Art: In der Solo-Performance körper.bauen.stellen analysiert, ritualisiert und kartographisiert er „Muster von in den Körper eingeschriebener urbaner Erinnerung“ und entwickelt daraus „eine persönliche Mundart dieses Körpers“. Blaschke bediente sich dabei seiner zahlreichen Erfahrungen und Zusammenarbeiten als Choreograph und Performer und resümiert im Stück auch verschiedenste tänzerisch-technische Einschreibungen, die er in einer existenziellen Lust zum Umbau und zur Neubewertung offen legt. „Am Ende stellt sich die Frage, welcher Rohstoff, welcher Body-Schutt denn dazu dienen könnte, dem gegebenen Raum tatsächlich ein Stück Neubau hinzuzufügen“. Das schmeckt nach Wiener Tanzcommunity insofern, als dass mit den Tanzeinflüssen, die die Wiener Tanzwochen und das ImPulsFestival jährlich nach Wien bringen, auch Ideen, eine Denkfreiheit, eine eigene „Wiener Mundart“ eröffnet werden können, die neben einer sehr stringenten Auseinandersetzung auch Leichtigkeit und Spaß vermitteln.
Aus der Umgebung des „Stadttheaters“ kam das Stück N.N. der „Alpha Group“, das sich selbst als „avantgardistisches side-project“ von Darrel Toulon, dem Ballettdirektor der Grazer Oper definiert. Ein schönes Beispiel dafür, wie sich die alte Avantgarde in das Geschehen des klassischen Balletts eingeschrieben hat und wie neuere progressive Ansätze immer noch eingeschrieben werden sollen – auf einer höchst ästhetischen Oberfläche von ästhetisierten Zusammenhängen zwischen Ballettkörper und etwa Filmsequenzen. Außerdem im Programm waren die Tanz Company Gervasi, Kabinett ad Co (beide aus Wien) und an zwei Abenden die „hauseigene“ postgraduate Company xIDA.
Akemi Takeya in Feeler
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